Ein Schwerpunkt in der Lehre und Forschung des Lehrstuhls für Schienenbahnwesen und Verkehrswirtschaft der RWTH Aachen liegt in der Schnittstelle zwischen Eisenbahnsicherungstechnik und Bahnbetrieb. Um die Abhängigkeiten der Sicherungstechnik auf den Betrieb für Lehr- und Ausbildungszwecke realitätsnah vermitteln zu können, betreibt der Lehrstuhl seit den 1960er Jahren ein Eisenbahnbetriebsfeld, die sogenannte Eisenbahntechnische Lehr- und Versuchsanlage (ELVA).

Dieses Eisenbahnbetriebslabor verfügt über Originalstellwerke, welche sich in dieser Technik unter anderem auch bei der DB Netz AG im Einsatz befinden. Neben vier mechanischen Stellwerken der Bauform Einheit in den Betriebsstellen M-Dorf, M-Heim und M-Berg kommen in E-Hausen zwei elektromechanische Stellwerke der Bauform E 43 und in D-Stadt ein Relaisstellwerk der Bauform Dr S zum Einsatz. Die Bahnhöfe ZSB-Tal, ZSB-Berg, E-City sowie die Überleitstellen E-City West und E-City Ost werden durch moderne elektronische Stellwerke der Bauform ZSB 2000 gesteuert. An der Ausweichanschlussstelle (Awanst) E-Werk befindet sich außerdem eine blocktechnisch gesicherte Schlüsselsperre zum Auf- und Abschließen des Gleisanschlusses. Insbesondere die mechanische Stellwerkstechnik ist im Rahmen der universitären Lehre und für professionelle Aus- und Weiterbildungskurse unverzichtbar, da die signaltechnischen Abhängigkeiten hieran anschaulich demonstriert werden können. Auf der anderen Seite muss jedoch auch die neueste Stellwerksgeneration für die Ausbildungszwecke verfügbar sein.

Zur Veranschaulichung der Eisenbahnsicherungstechnik dient eine an die Stellwerke angeschlossene Eisenbahnmodellanlage. Aufgrund von hohem Verschleiß und nicht mehr verfügbaren Ersatzeilen wurde die Modellanlage aus den 1960 Jahren im Zeitraum von 2015 bis 2017 durch einen vollständigen Neubau ersetzt. (Details zum Umbau finden Sie hier) Die Wiederinbetriebnahme der erneuerten und erweiterten ELVA fand am 27.11.2018 im Rahmen eines Festkolloquiums statt. Infomationen zur Wiedereröffnung finden Sie hier. Durch die Verwendung des weitverbreiteten Modellbahnmaßstab 1:87 (H0) und Standardkomponenten soll mit der neuen Anlage nun eine langfristige Verfügbarkeit der Ersatzteile sichergestellt werden. Der Informationsaustausch zwischen den Stellwerken und der Modellanlage erfolgt nun nicht mehr direkt, sondern über einen Steuerrechner. So werden z. B. die Hebelbewegungen im mechanischen Stellwerk über ein Bus-System an den Rechner übertragen und dieser stellt dann die entsprechenden Weichen und Signale der Modellbahnanlage um.

Signale in der ELVAOriginalgetreue Signale, die an die Modellanlage angeschlossenen sindschließen
Signale in der ELVAKs-Mehrabschnittssignal: Ks1 mit Zs3(10) und Zs3v(6)schließen

Neben den Anforderungen der Eisenbahnsicherungstechnik kann die ELVA nun auch die Disposition des Eisenbahnbetriebs realitätsnah abbilden. Dies wird durch einen Längenmaßstab von 1:200 und möglichst großen Streckenabschnitten zwischen den Bahnhöfen erreicht. Mittels digitaler Mehrzugsteuerung können die einzelnen Züge auf der Anlage unabhängig voneinander gesteuert werden. Des Weiteren ist die die Zugsteuerung auch in der Lage, die Leit- und Sicherungstechnik abzubilden, so dass unterschiedliche Zugbeeinflussungssysteme bis hin zum europaweiten ETCS nachempfunden werden können.

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Die Disposition mit der Konflikterkennung und Konfliktlösung ist eine der wesentlichen Herausforderungen im Eisenbahnbetrieb und stellt ein weites Forschungsgebiet dar. Auftretende Verspätungen eines Zuges führen zu Folgeverspätungen anderer Züge und pflanzen sich durch das gesamte Netz fort. Die Disposition soll solche Verspätungsübertragungen vermeiden oder zumindest reduzieren, um schnellstmöglich zum geplanten Betriebsablauf zurückzukehren.

Im neuen Eisenbahnbetriebslabor werden Disponentenarbeitsplätze eingerichtet, um die manuelle Disposition abbilden zu können. Grundlage für die Dispositionsentscheidungen können beispielsweise durch einen Dispositionsrechner vorgegebene Konfliktlösungsvorschläge sein. Dies führt zu einer rechnerunterstützten bzw. teilautomatischen Disposition, die darüber hinaus zu einer vollautomatischen Disposition erweitert werden kann.