Ein Schwerpunkt des Lehrstuhls für Schienenbahnwesen und Verkehrswirtschaft der RWTH Aachen liegt in den themenbereichen Eisenbahnsicherungstechnik und Bahnbetrieb. An der Schnittstelle der beiden Bereiche wird die Eisenbahntechnische Lehr- und Versuchsanlage (ELVA) eingesetzt.
Geschichte
Das Eisenbahnbetriebslabor des Verkehrswissenschaftlichen Instituts wurde 1961 im neu errichteten Sammelbau Bauingenieurwesen in Betrieb 
					genommen und umfasste eine Modellanlage sowie zum damaligen Zeitpunkt im Einsatz befindliche Stellwerkstechniken. Dazu zählen mechanische und elektromechanische Stellwerke 
					sowie ein Relaisstellwerk. Den Entwicklungen der Sicherungstechnik folgend, wurde die ELVA in den 1990er-Jahren um ein Elektronisches Stellwerk (ESTW) erweitert, das allerdings 
					nicht in die bestehende Anlage eingebunden war, sondern zur Steuerung einer zweiten Anlage in Nenngröße H0 genutzt wurde.

Verschleiß und eine herausfordernde Ersatzteilbeschaffung führten nach der Berufung von Herrn Prof. Nießen als Institutsleiter zu 
					der Entscheidung, die Anlage umfangreich zu modernisieren. Im Jahr 2015 wurde mit dem Abbau der bisherigen Modellbahnanlage begonnen, um sie durch eine vergrößerte 
					und in ihrer Funktionalität erweiterte Anlage auf dem Stand der Technik zu ersetzen. Dabei wurden, im Gegensatz zur alten Modellbahnanlage, welche sich aus Bauteilen eines 
					Kleinserienherstellers zusammensetzte, vorwiegend Standardkomponenten eingebaut, sodass nun der weit verbreitete Maßstab 1:87 (Nenngröße H0) verwendet wird. Im 
					Zuge des Umbaus wurde zudem ein an die Modellanlage angebundenes ESTW ergänzt. Während das Layout anderer Bahnhöfe durch die bestehenden Stellwerke nicht 
					veränderbar war, konnte dieser Anlagenbereich neu geschaffen und gestaltet werden.
Weitere Zielsetzung ist ein Einsatz der ELVA in der Forschung und 
					Eisenbahnbetriebswissenschaft, nachdem die alte Anlage nur für die Lehre und zum Zwecke der Ausbildung genutzt werden konnte. Dazu wurde der Umfang der Anlage deutlich 
					erweitert und neue Möglichkeiten der digitalen Zugsteuerung genutzt.
Am 27.11.2018 fand die feierliche Wiedereröffnung der ELVA im Rahmen eines 
					Festkolloquiums mit etwa 150 Gästen aus der Wirtschaft, Politik, Universitäten und befreundeten Kollegen aus den übrigen Eisenbahnlaboren statt.

Details zur Anlage
Die neue Modellanlage der ELVA wurde im Maßstab 1:87 realisiert, jedoch wurde ein Längenmaßstab 
					von 1:200 gewählt, um so möglichst realitätsnahe Streckenlängen zwischen den Bahnhöfen zu erreichen. Insgesamt wurden rund 1.200 m Modellgleise verlegt, 
					wodurch ein Netz von etwa hundert Kilometern simuliert werden kann. So ist es nun möglich, auch die Disposition des Eisenbahnbetriebs realitätsnah abzubilden.
					Der Informationsaustausch zwischen den Stellwerken und der Modellanlage erfolgt nicht mehr über eine feste Verdrahtung, sondern über einen zentralen Steuerrechner mit 
					angeschlossenen Mikrocontrollern. So werden z. B. die Hebelbewegungen im mechanischen Stellwerk über ein Bus-System an den Rechner übertragen, von der Software 
					verarbeitet und anschließend in Stellbefehle für die entsprechenden Weichen und Signale auf der Modellbahnanlage übersetzt. Eine Zugsteuerung leitet aus den 
					Zuständen der Signale und Weichen automatisch die Fahrbefehle für die digitale Mehrzugsteuerung (nach DCC-Standard) ab. Die gesamte Software wurde am Institut 
					entwickelt und erlaubt eine einfache Anpassung und Erweiterung für Forschungsprojekte.
					Um einen realitätsnahen Eisenbahnbetrieb darstellen zu können, wurden unterschiedliche Fahrpläne erstellt. Außerdem verfügt jedes Stellwerk über 
					einen Arbeitsplatz, damit die betrieblichen Unterlagen (u. a. Zugmeldebuch, Befehle, Nachweis der Zählwerke) geführt werden können. Ebenso ist ein Telefon 
					vorhanden, mit dem die Zugmeldegespräche zu den Nachbarbetriebsstellen geführt werden können. An jedem Arbeitsplatz befindet sich zudem ein Monitor, auf dem bei 
					Bedarf die Zugnummern der Züge im Stellbereich aufgeschaltet werden können. Dadurch lässt sich das Zugmeldeverfahren je nach Kenntnisstand der Teilnehmenden ggf. 
					vereinfachen. Außerdem wird eine Modelluhrzeit angezeigt, wobei die Geschwindigkeit der Uhr individuell angepasst werden kann.
					Jede Betriebsstelle kann alternativ durch ein ESTW inklusive Zuglenkung angesteuert werden. Bei diesem "VIA-ESTW" genannten Stellwerk handelt es sich ebenfalls um 
					eine Eigenentwicklung des Instituts. Mit diesem ist es einerseits möglich, nur ausgewählte Stellwerke zu besetzen und Schulungen mit variabler Personenanzahl 
					durchzuführen. Andererseits lässt sich die Anlage auch vollständig durch das ESTW bedienen, wodurch sich beispielsweise automatische Dispositionsalgorithmen 
					testen lassen. Die Bedienoberflächen können dabei auf beliebigen Arbeitsplätzen aufgeschaltet werden.
Die Betriebsstellen und Stellwerke

Bahnhof M-dorf
					Der Bahnhof M-dorf verfügt über zwei mechanische Stellwerke der Bauform Einheit, wovon eines durch den Fahrdienstleiter und eines durch einen Wärter bedient wird.
					M-dorf ist Trennungsbahnhof zwischen der zweigleisigen Strecke vom Schattenbahnhof nach M-heim und der hier beginnenden eingleisigen Strecke nach ZSB-tal.
					Die mechanische Stellwerkstechnik ist die älteste in der ELVA vorhandene Bauform, und auch im deutschen Streckennetz heute noch vielfach im Einsatz. Insbesondere diese 
					Stellwerksbauform ist im Rahmen der universitären Lehre und für professionelle Aus- und Weiterbildungskurse unverzichtbar, da die signaltechnischen 
					Abhängigkeiten, welche mechanisch abgebildet sind, hieran anschaulich demonstriert werden können.
| Betriebsstellenart | Trennungsbahnhof | 
| Gleise / davon mit Bahnsteig | 4 / 4 | 
| Signalsystem | H/V (Formsignale) | 
| Stellwerksbauform | Mechanisches Stellwerk - Bauform Einheit | 


Blockstelle M-berg
					Die Betriebsstelle M-berg teilt die Strecke von M-dorf nach M-heim in zwei Blockabschnitte. Es handelt sich um eine mechanische Blockstelle mit einem Signal je Richtung.
| Betriebsstellenart | Blockstelle | 
| Signalsystem | H/V (Formsignale) | 
| Stellwerksbauform | Mechanisches Stellwerk - Bauform Einheit | 
Abzweigstelle M-heim
					Die aus M-berg kommende Strecke teilt sich in M-heim in eine Ausbaustrecke (ABS) und eine Neubaustrecke (NBS), die zum Bahnhof E-city bzw. zur Überleitstelle E-City West 
					führen. Auch an dieser Stelle wird mechanische Stellwerkstechnik genutzt.
| Betriebsstellenart | Abzweigstelle | 
| Signalsystem | H/V (Formsignale) | 
| Stellwerksbauform | Mechanisches Stellwerk - Bauform Einheit | 


Bahnhöfe E-city, ZSB-berg, ZSB-tal und Überleitstellen E-city West und E-city Ost
					Diese Bahnhöfe und Überleitstellen (Üst) werden durch einen Fahrdienstleiter mit elektronischer Stellwerkstechnik der Bauform ZSB 2000 vom Hersteller 
					Scheidt & Bachmann aus Mönchengladbach bedient.
					Der Bahnhof E-city liegt sowohl an der ABS als auch an der NBS. Die beiden Überleitstellen befinden sich auf der NBS. ZSB-berg und ZSB-tal sind ein Kreuzungs- bzw. ein 
					Trennungsbahnhof der eingleisigen Strecke. Von ZSB-tal aus können - weiterhin eingleisig - E-hausen und der Schattenbahnhof erreicht werden.
| E-city | ZSB-Berg | ZSB-Tal | E-City West/Ost | |
| Betriebsstellenart | Kreuzungsbf. | Kreuzungsbf. | Trennungsbf. | Überleitstelle | 
| Gleise / davon mit Bahnsteig | 8 / 6 | 2 / 2 | 3 / 3 | 2 / 0 | 
| Signalsystem | Ks | |||
| Stellwerksbauform | ZSB 2000 | |||


Bahnhof E-hausen
					Der Bahnhof E-hausen, der NBS und ABS wieder zusammenführt, wird durch zwei elektromechanische Stellwerke bedient. Es werden sowohl ein Fahrdienstleiter- als auch ein 
					Weichenwärterstellwerk zur Bedienung von E-hausen verwendet.
					Zusätzlich ist dem Bahnhof die Sicherung der Ausweichanschlussstelle (Awanst) E-Werk zugeordnet.
| Betriebsstellenart | Trennungsbahnhof | 
| Gleise / davon mit Bahnsteig | 5 / 5 | 
| Signalsystem | H/V (Formsignale und Lichtsignale) | 
| Stellwerksbauform | Elektromechanisches Stellwerk | 


Bahnhof D-stadt
					Dem Bahnhof D-stadt ist ein Relaisstellwerk nach dem Verschlussplanprinzip des Herstellers Siemens zugeordnet. Das Drucktastenstellwerk besitzt einen automatischen 
					Fahrstraßeneinlauf und gesicherte Rangierfahrstraßen.
| Betriebsstellenart | Durchgangsbahnhof | 
| Gleise / davon mit Bahnsteig | 4 / 4 | 
| Signalsystem | H/V (Lichtsignale) | 
| Stellwerksbauform | Relaisstellwerk | 


Sonstige Technik
					Neben der Modellbahnanlage und den unterschiedlichen Stellwerken verfügt die ELVA über diverse Signale in Originalgröße. Sie repräsentieren 
					entsprechende Signale auf der Modellinfrastruktur und zeigen die entsprechenden Signalbilder an.
| H/V-Formsignal | H/V-Lichtsignal | H/V-Lichtsignal | Sperrsignal | Ks-Signal | 
| E-hausen Esig F | E-hausen Esig A | D-Stadt Asig P2 | E-hausen Ls 11 | E-city Esig G | 
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Ebenso gehören auch Weichenantriebe in Originalausführung zur ELVA. Auch diese repräsentieren entsprechende Stelleinheiten auf der Modellinfrastruktur und laufen entsprechend der zugeordneten Stelleinheit um.
Siemens S700KM
					D-stadt W11

Die ELVA verfügt darüber hinaus über eine Vielzahl weiterer Exponate der Sicherungstechnik. Dazu gehören beispielsweise ETCS-Balisen, Modelle eines PZB-Magneten und Achszählers sowie Übersichten verschiedener Schienenprofile.


Medienberichte
Medienberichte zur ELVA sind in unserer Mediathek verfügbar.
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